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Inszenierungen
des Unmöglichen
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Psychoanalyse
/ Psychiatrie |
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Pornografisierung der Gesellschaft
- zeitdiagnostisches Stichwort,
exhibitionistisch-voyeuristischer Komplex
- psychoanalytisches Stichwort.
In
der jüngsten Zeit werden kulturell geschaffene
Intimitätsschranken und Schamgrenzen,
die jahrhundertelang gültig
waren und zum Kernbestand jeder Kultur gehören,
wieder aufgelöst.
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>Auszüge<
Inhalt
Persönlichkeitsstörung und
szenische Inszenierung:
neuere theoretische Zugänge 29
Einleitung 29
CHRISTA ROHDE-DACHSER:
„In den Himmel kommen, ohne zu sterben" - Inszenierungen
des Unmöglichen als Selbsterhaltungsstrategie 36
WERNER BOHLEBER:
Trauma und Persönlichkeitsstörung 6o
JÜRGEN KIND.
Kränkung und destruktiver Narzißmus. Zum Zerstörungs-
potential von Selbstobjektbeziehungen 76
WULF HÜBNER:
Wenn aus Wörtern wieder Sachen werden. Überlegungen zur
Theorie der symbolischen Gleichsetzung 106
ULRICH STREECK:
"... sondern er benimmt sich in solcher Weise gegen den Arzt."
Über nichtsprachliches Verhalten im therapeutischen Dialog mit strukturell
gestörten Patienten 131
2) Über die Rolle szenischer Inszenierungen im
psychoanalytischen Behandlungsprozeß 155
Einleitung (Christa Rohde-Dachser) 155
PETER FONAGY:
Das Versagen der Mentalisierung und die Arbeit des Negativen .. 163
KLAUS GRABSKA:
Die Desobjektalisierung des Psychoanalytikers 187
ROSINE J. PERELBERG:
Gewalt und ihre Abwesenheit im psychoanalytischen Prozeß
.... 210
INGO FOCKE:
Das Schicksal unerträglicher Affekte in der Übertragung 227
EDELTRAUD PUTZ-MEINHARDT:
„Ich klaue, also bin ich." - Über die psychoanalytische
Behandlung einer kleptomanischen Patientin 245
WALTER MARGGRAF:
Die Pervertierung des psychoanalytischen Prozesses als
Widerstand gegen Veränderung 269
3) Schwere Persönlichkeitsstörungen in der
Außenper-spektive: entwicklungspsychologische, soziologische und philosophische
Aspekte 291
Einleitung (Christa Rohde-Dachser) 291
MARTIN DORNES:
Mentalisierung, psychische Realität und die Genese
des Handlungs- und Affektverständnisses in der frühen Kindheit ....
297
REIMUT REICHE:
Früh, tief, schwer - Probleme psychoanalytischer Zeitdiagnose,
dargestellt an „ Big Brother - erste Staffel" 339
BERNHARD WALDENFELS:
Gelebte Unmöglichkeit 371
Herausgeber, Autorinnen und Autoren 393
CHRISTA ROHDE-DACHSER
Einführung
Patienten mit schweren Persönlichkeitsstörungen kommen heute immer
häufiger in die psychoanalytische Praxis und stellen
den Psychoanalytiker vor besondere Herausforderungen. Die Patienten stehen
meist unter einem erheblichen Leidensdruck. Trotzdem sind sie oft über
lange Zeit keinen psychoanalytischen Deutungen zugänglich.
Sie haben sich zwar äußerlich an ihre Umwelt, die sie in der Regel
als feindlich erleben, mehr oder minder angepaßt. Möglich war dies
aber nur durch eine Spaltung der Realität in eine reale Welt und eine
omnipotente Wunschwelt, in der in der Phantasie das in Szene gesetzt wird,
was die Realität verweigert. Diese narzißtische
Wunschwelt bildet für den Patienten gleichzeitig einen inneren Zufluchtsort,
in den er sich zurückziehen kann, wenn die Konflikte in der realen Welt
für ihn unerträglich werden. In dem allein von ihm erschaffenen
narzißtischen Universum scheint demgegenüber alles möglich.
Die Zeit ist dort stillgestellt, nichts verändert sich, alles bleibt,
wie es ist. In dieser Phantasie ist der Patient deshalb auch dem Schmerz von
Trennung und Tod enthoben. Die „Inszenierungen des Unmöglichen",
von denen in diesem Band die Rede ist, sind von solchen Omnipotenzphantasien
getragen.
Die psychoanalytische Behandlung zielt demgegenüber
auf eine Veränderung der bestehenden Situation, auf Erkenntnis, Einsicht,
Konfliktbewältigung, Beziehungsfähigkeit und die Ermöglichung
von Trauer um das, was verloren ist. Patienten, die gelernt haben, sich in
schwierigen Situationen von der Umwelt abzukoppeln und sich in ihr narzißtisches
Universum zurückzuziehen, können dies nur schwer akzeptieren, auch
wenn sie die psychoanalytische Behandlung mit der klaren
Absicht begonnen haben, sich ihren inneren Problemen zu stellen. Denn ihre
Erfahrung bis zum Zeitpunkt des Beginns der Analyse war, daß Veränderungen
nur Leid und Schmerz mit sich bringen können. Wie dieser Widerspruch
überwunden werden kann und welche Schwierigkeiten sich dabei für
Patient und Analytiker ergeben, davon handelt dieser Band.
In dieser Einführung möchte ich als erstes definieren, was gemeint
ist, wenn hier von „schweren Persönlichkeitsstörungen"
oder „Borderlinestörungen" die Rede ist.
Dann werde ich auf einige Fortentwicklungen innerhalb der psychoanalytischen
Theorie hinweisen, die die Indikation für eine psychoanalytische
Behandlung auch schwerer gestörter Patienten beträchtlich erweitert
haben. In einem weiteren Abschnitt werde ich die wichtigsten theoretischen
Modelle vorstellen, die heute für die psychodynamische
Erklärung der Borderlinestörungen zur Verfügung stehen, und
anschließend auf einige behandlungstechnische Aspekte der Borderline
Therapie eingehen. Zum Schluß werde ich die in diesem Band versammelten
Aufsätze vorstellen, in denen die in dieser Einführung beschriebenen
theoretischen Konzepte weiter ausgeführt werden und gezeigt wird, wie
sie in der psychoanalytischen Behandlung von Borderline-Patienten
zum Tragen kommen.
1. Was sind „schwere Persönlichkeitsstörungen"?
Im Anschluß an Kernberg
(1975, 2000),
Fonagy (Fonagy &Target 2000)
und Green (2000)
werde ich im folgenden statt von „schwerer Persönlichkeitsstörung"
von „Borderlinestörung" sprechen und damit
Patienten bezeichnen, deren innere Struktur die folgenden Merkmale aufweist.
a) Patienten mit einer Borderlinestörung
können gegenüber ihren inneren Konflikten keine beobachtende Außenposition
einnehmen und sind in der therapeutischen Beziehung deshalb darauf angewiesen,
diese Konflikte auf der Handlungsebene zu inszenieren.
b) Die dabei aktivierten archaischen Objektbeziehungen besitzen für den
Patienten keine Als-ob-Qualität, sondern werden im Augenblick der Inszenierung
als Realität erlebt.
c) Die Abwehrmechanismen von Borderline-Patienten bewegen
sich vorwiegend auf der Ebene der Spaltung und der projektiven Identifizierung.
d) Das Erleben des Patienten ist von intensiven Übertragungen bestimmt,
denen auf seiten des Therapeuten entsprechend heftige Gegenübertragungsreaktionen
gegenüberstehen.
e) Patienten mit einer Borderlinestörung sind oft über
lange Zeit ungewöhnlich behandlungsresistent. Negative thera-peutische
Reaktionen sind die Regel. Gemessen an den Kriterien des OPD (Arbeitskreis
Operationalisierte Psycho-dynamische Diagnostik 1996) handelt es sich
in der Regel um Störungen von geringem bis mäßigem Strukturniveau.
Insbesondere wegen ihrer starken Regressionsneigung, die auch das Ich des
Patienten in Mitleidenschaft zieht, galt eine psychoanalytische
Behandlung der Borderlinestörung bis vor kurzem als
eher kontraindiziert (dazu
Rohde-Dachser 2000, S. 147 f.). Dies hat sich unter dem Eindruck theoretischer
und behandlungstechnischer Entwicklungen, die die Psycho-analyse
in den letzten Jahrzehnten vollzogen hat, geändert, auch wenn die klinische
Erfahrung, daß schwer gestörte Patienten auf ein unstrukturiertes
psychotherapeutisches Setting häufig mit einer Verschlechterung ihrer
Befindlichkeit reagieren, damit nicht ungültig geworden ist. Die Psycho-analyse
hat heute aber andere Möglichkeiten, damit umzu-gehen.
Im folgenden möchte ich einige theoretische Weiterentwick-lungen der
Psychoanalyse vorstellen, die diese Erweiterung der psychoanalytischen
Therapie-Indikation möglich machten.
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2.
Theoretische Weiterentwicklungen
der Psychoanalyse seit Freud
Zu den theoretischen
Weiterentwicklungen der Psychoanalyse, die für die Behandlung
schwer gestörter Patienten von Bedeutung sind, gehören vor allem:
a) die Entwicklung der
psychoanalytischen Objektbezieh-ungstheorie, und hier wiederum
insbesondere die Theorien von Melanie Klein;
b) das Konzept der projektiven Identifizierung (Melanie Klein,
Bion);
c) die Entwicklung einer spezifischen Theorie des Denkens (Bion); und
d) das Konzept des pathologischen Narzißmus und der
pathologischen Abwehrorganisation (Rosenfeld, Steiner).
>>>>>. . .neuer
Absatz
B) Das Konzept der projektiven Identifizierung
Die projektive Identifizierung ist eine Phantasie, in der Teile des Selbst
abgespalten und in eine andere Person projiziert werden, die dann unbewußt
so empfunden wird, als sei sie zu einem Teil des Selbst geworden (Klein
194.6; Bion 1959). Wenn der Empfänger in diesem Prozeß auch
bei sich Phantasien entwickelt, die der Phantasie des Projizierenden entsprechen,
spricht man von evokatorischer Projektion (Spillius
1988, S.1o5). Die Gründe für die projektive Identifizierung
sind mannigfach: Sie können dem unbewußten Wunsch dienen, das Objekt
zu kontrollieren, seine Eigenschaften zu übernehmen, eine böse Eigenschaft
abzustoßen, eine gute zu schützen und Separation zu vermeiden (ebd.,
S. 106). Unter Abwehraspekten dient die projektive Identifikation dazu,
ein Gefühl psychischer Distanz zu unerwünschten (oft
ängstigen-den) Selbstanteilen herzustellen (ebd.). Sie hat damit
sowohl kommunikative als auch defensive Aspekte.
In der Analyse wird sie zunächst in der Gegenübertragung des Analytikers
erlebt. Borderline-Patienten sind in der Regel darauf angewiesen,
unerträgliche Affekte in den Analytiker zu projizieren, um sie dann dort
zu bekämpfen. Die Verarbeitung der Projektion erfolgt zunächst ebenfalls
im Analytiker, bis der Patient in der Lage ist, sie in „metabolisierter
Form" wieder in sich aufzunehmen (Ogden
1979, S. 8).
C) Die Entwicklung einer spezifischen Theorie des
Denkens
Bion (1962) erweiterte das Konzept der projektiven Identifizierung zu einer
Theorie über die Entwicklung des Denkens. Im Zentrum steht dabei die
Vorstellung von container und contained (gemeint
ist eine spezifische Relation von Behälter und Enthaltenem, für
die es im Deutschen keine genaue Entsprechung gibt; deshalb wurden hier die
englischen Begriffe beibehalten).
Das Baby verfügt danach zunächst nur über eine sinnliche Wahrnehmung
von Bedürftigkeit und von Gefühlen, die es als schlecht/böse
empfindet, weshalb es sich von ihnen befreien möchte (dazu
auch Spillius 1988, S.195ff.). Bion nennt diese Gefühle Beta-Elemente.
Ist die Mutter ausgeglichen und verfügt sie über das von Bion so
bezeichnete „träumerische Ahnungsvermögen" (reverie),
kann sie diese Gefühle in sich aufnehmen und in eine erträgliche
Form transformieren, die der Säugling zu reintrojizieren vermag. Bion
spricht auch von einem Transformationsprozeß, in dem Beta-Elemente in
Alpha-Elemente umgewandelt werden (Bion
1962 b, S. 230). Es handelt sich dabei um einen normalen Entwicklungsvorgang,
der für die Entwicklung des Denkens und des Realitätssinns unerläßlich
ist. Wenn dieser Prozeß fehlschlägt, greift das Individuum zu immer
stärkeren projektiven Identifizierungen bei gleichzeitiger Introjizierung
eines absichtlich mißverste-henden Objekts (ebd.,
S. 230f.). Dies ist bei Borderlinestörungen der
Normalfall. In manchen Fällen ist der Prozeß hier sogar völlig
gescheitert (siehe dazu den Aufsatz von Fonagy in diesem Band, 5.163
ff.).
Gedanken entstehen nach Bion durch das Zusammentreffen einer (angeborenen)
Präkonzeption (z.
B. die Erwartung einer Brust) mit einem Realerlebnis (einer wirklichen
Brust). Daraus bildet sich eine Konzeption, d. h. eine bestimmte Form des
Gedankens. Trifft eine Präkonzeption auf ein negatives Real-erlebnis
(keine Brust), wird das als Versagung erlebt. Was dann geschieht, ist von
der Fähigkeit des Säuglings abhän-gig, Versagung zu ertragen.
Nach Melanie Klein wird ein abwesendes, versagendes Objekt im frühesten
Erleben als böses Objekt empfunden. Wenn die Fähigkeit des Babys,
Versagung zu ertragen, groß ist, wird die Erfahrung „keine Brust"
in einen Gedanken transformiert, der die Versagung ertragen hilft. Ist die
Fähigkeit, Versagung zu ertragen, jedoch ungenügend, entwickelt
sich kein Gedanke von der guten abwesenden Brust, sondern von einer „bösen
anwesenden Brust".
Diese wird als böses Objekt empfunden, von dem der Säugling sich
befreien muß, indem er es ausstößt (also projiziert). In
diesem Falle können sich weder Symbole noch Denken entwickeln (Bion
1962b, S. 228f, Spillius 1988, S.195).
Für Borderline-Patienten gilt nicht nur, daß sie
ein überwäl-tigend böses, destruktives Objekt in sich tragen,
dessen sie sich entledigen müssen. Sie starten unbewußt auch phanta-sierte
Angriffe auf alles, was dazu dienen könnte, ein Objekt mit einem anderen
zu verbinden. „Angriffe auf Verbindungen" nennt Bion diesen destruktiven
Prozeß (Bion
1959, S. 110). Verbindungen werden vor allem angegriffen,
weil sie Objekten Realität verleihen, die vom eigenen Selbst verschieden
sind und von daher die Omnipotenzillusion des Patienten in Frage stellen (Bion
1959, S..128). Dies gilt auch für die Verbindung von Psychoanalytiker
und Patient, die auf eine Veränderung des Status quo hinzielt und von
daher vom Patienten als hochbedrohlich empfunden wird. Green (2000
b) hat die Weigerung von Borderline-Patienten, zwischen
bestimmten Erfahrungen eine Verbindung herzustellen, als zentrales Element
dieser Störung beschrieben (siehe unten, Abschnitt 3 c)d).
Das Konzept des destruktiven Narzißmus und der pathologischen
Abwehrorganisation Rosenfeld hat eine Theorie des destruktiven Narzißmus
entwickelt, die für die Psychoanalyse von Borderlinestörungen
von zentraler Bedeutung ist (Rosenfeld
1964, 1971). Er unterscheidet dabei zwischen libidinösem und destruktivem
Narzißmus (Rosenfeld
1971, S. 3074). Bei beiden spielt die Überbewertung des Selbst
eine zentrale Rolle. Während im libidinösen Narzißmus
die Selbstidealisierung aber auf die Identifizierung mit guten Objekten und
deren Eigenschaften zurückgeht, sind es beim destruktiven Narzißmus
die omnipotent destruktiven Teile des Selbst, die idealisiert werden (ebd.
S.3o8). Oft bleibt diese destruktive Form der Selbstidealisierung nach
außen verschleiert und kommt erst zum Vorschein, wenn die omnipotente
Selbstidealisierung durch den Kontakt mit einem Objekt bedroht ist, welches
als vom Selbst getrennt wahrgenommen wird. In der Übertragung auf den
Analytiker herrscht dann der Drang vor, das gute, Hilfe anbietende Objekt
zu zerstören (dazu
auch Clarkin et al. 1999, S. 35). Denn die Tatsache, daß der
Analytiker dem Patienten helfen könnte, wird als Angriff auf dessen Größenselbst
erlebt (ebd.). Häufig gelingt es da bei der vom destruktiven Teil des
Selbst beherrschten psychischen Struktur, das libidinöse Selbst in seine
Gewalt zu bringen (Rosenfeld 1971, S. 318).
Rosenfeld vergleicht den destruktiven Narzißmus deshalb
auch mit einer „mächtigen Bande", deren Mitglieder sich gegenseitig
dabei unterstützen, die destruktive kriminelle Tätigkeit wirkungsvoller
und energischer zu verrichten (ebd.,
S. 311). Das gesunde
Selbst geht mit dem destruktiven Teil des Selbst dabei vielfache komplizenhafte
Verflechtungen ein (ebd.,
S. 313). Aufgrund 'der Komplexitität und der Stabilität dieser
Abwehrstruktur spricht Rosenfeld auch von einer „narzißtischen
Organisation" (Rosenfeld 1964, 1971).
Steiner
hat, darauf aufbauend, den Begriff „pathologische Abwehrorganisation"
in die Diskussion eingeführt, der sich heute allgemein durchgesetzt hat
(siehe dazu unten, Abschn.
3 d). Borderline-Therapien lassen sich über weite
Strecken auch als Auseinandersetzungen mit einer pathologischen Abwehrorganisation
beschreiben, die oft erst nach langer Anstrengung zum Erfolg führen.
3.
Theoretische Modelle zur Erklärung der Borderline-Störung
a) Kernbergs
Theorie der Borderline-Persönlichkeitsorganisation Kernberg
hat 1975 zum erstenmal eine systematische Theorie der Borderline
Persönlichkeitsorganisation vorgelegt und diese seitdem kontinuierlich
weiterentwickelt (Kernberg
1975, 1984, 1989, 2ooo). Hauptmerkmal der Borderline-Persönlich-keitsorganisation
ist nach Kernberg die Unfähigkeit, frühe Selbst- und Objektbilder,
die sich um die Erfahrung von „gut" und „böse"
gruppieren, in reifere Selbst- und Objektbilder zu integrieren. Die frühen,
schwarz-weiß gezeichneten Selbst- und Objektbilder bleiben im Gegenteil
präsent und werden auch im Erwachsenenleben ständig neu in Szene
gesetzt. Dabei werden sie vom Patienten nicht als vergangen erlebt, sondern
als aktuelle Realität (Clarkin et al., 1999, 5.14 f.).
Nach Kernberg kann die Spaltung der Objektrepräsentanzen in „ganz
gut" und „ganz böse" vor allem deshalb nicht aufge-geben
werden, |
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weil Borderline-Patienten
unbewußt befürchten, daß ihre guten inneren Objekte zerstört
werden, wenn sie mit den bösen inneren Objekten in Verbindung kämen.
Diese bösen Objekte werden als übermächtig erlebt, nicht zuletzt
auch deshalb, weil sie durch die projizierte Aggression des Patienten ständig
weiter aggressiv aufgeladen werden.
>>>>. . .
d) Die Borderline-Position als pathologische
Organisation (Steiner)
John Steiner beschreibt eine spezifische Borderline-Position,
wobei er sich auf den Begriff der pathologischen Organisation stützt,
die er im Anschluß an Rosenfeld (1964, 1971) als eine hochorganisierte
narzißtische Struktur versteht, die außergewöhnlich
stabil ist und sich Veränderungen gegenüber entsprechend resistent
erweist (Steiner 1987,
S. 412 f.).
Pathologische Organisationen haben Eigenschaften, die sich sowohl von der
paranoid-schizoiden als auch von der depressiven Position unterscheiden und
mit diesen beiden Positionen ein Gleichgewicht bilden (Steiner
1993).
Der Patient kann sich deshalb dorthin innerlich zurückziehen,
wenn paranoide oder depressive Ängste nicht länger zu ertragen sind
(Steiner 1987,
S. 412 f.). Die Borderline-Position ist gegen beide
Arten von Ängsten immun. Sobald diese Abwehrstruktur zusammenbricht,
können unerträgliche Gefühle von Trauer und Schuld oder wahnhaft-psychotische
Zustände entstehen (dazu auch Weiß 2000, S. 645).
In den Phantasien oder Träumen der Patienten ist dieser
Rückzugsort oft räumlich gedacht. Es handelt sich dann vielleicht
um eine Höhle, in der der Patient Zuflucht sucht, eine Insel,
zu der niemand Zutritt hat als nur der Patient; einen großen Regenschirm,
der alles zudeckt und unter dem man sich deshalb gut verstecken kann, einen
Dachboden, von dessen Existenz nur der Patient weiß, oder eine andere
phantasmatische, selbstkonstruierte Welt. Der Raum kann auch in ein Objekt
hineinverlegt werden. Immer aber sind es Orte, in denen Phantasie und Omnipotenz
ungeprüft weiterbestehen und alles erlaubt ist (Steiner
1993, S. 20). Dazu gehört auch die Idealisierung der eigenen Destruktivität.
Borderline-Patienten leben auf diese Weise in zwei
Versionen von Wirklichkeit. In der einen wird die Realität anerkannt,
in der anderen radikal verleugnet.
Steiner betont, daß es sich dabei um ein hochorganisiertes
Abwehrsystem handelt, das aufgrund seiner Rigidität und Komplexität
außerordentlich schwer zu verändern ist. Oft bezieht der Patient
daraus sogar eine perverse Art von Gratifikation (ebd.,
S. 31). Solange der Patient an diesem Rückzugsort verweilt, ist
er auch für den Psychoanalytiker nicht wirklich erreichbar.
Dies ist nur in den Augenblicken möglich, in denen der Patient vorübergehend
seinen Rückzugszustand aufgibt. Der Analytiker kann dann versuchen, mit
dem Patienten zusammen die Ängste zu verstehen, die ihn zu diesem Rückzug
veranlaßt haben (ebd.,
S. 29). In diesem Prozeß wird dann auch die Funktion der Borderline-Position
als Abwehrorganisation immer deutlicher erkennbar. Ziel der psychoanalytischen
Behandlung ist es dann, in - wenn auch oft minimalen - Schritten eine Verlagerung
des Gleichgewichts von der pathologischen Organisation hin zur depressiven
Position zu erreichen.
>>> . . .
Früh,
tief, schwer -
Probleme psychoanalytischer Zeitdiagnose,
dargestellt an
„Big Brother – erste Staffel“
>>>
REIMUT REICHE
1) In der jüngsten Zeit werden kulturell geschaffene Intimitäts-schranken
und Schamgrenzen, die jahrhundertelang gültig waren und zum Kernbestand
jeder Kultur gehören, wieder aufgelöst (psychoanalytisches
Stichwort: exhibitionistisch-voyeuristischer Komplex; zeitdiagnostisches Stichwort:
Pornografisierung der Gesellschaft). Gleichzeitig werden die Lust an totaler
Überwachung und die am Überwachtwerden angereizt und offen zur Schau
gestellt (Stichwort: sadoanale
Kontrolle). Letztlich geht es um die Frage, ob hier eine repressive
Entsublimierung eines kulturell erreichten Niveaus von prägenitaler Triebmodulation
stattfindet.
2) Von Bedeutung ist jedoch nicht allein die kulturell-regressive
Umschrift von prägenitalen Trieb-Inhalten. Die Form des visuellen Dauerbeschusses
durch das digitale Fernsehmedium bringt es mit sich, daß basale
Reizschranken durchbrochen werden. Dies geschieht vornehmlich durch die Vernichtung
von Intervallen - von bisher kulturell etablierten und respektierten Intervallen
der Triebruhe, des Abschaltens, der Erholung. Indem diese Intervalle vernichtet
werden, werden zugleich basale Rhythmen traumatisch beschädigt.
Es ist erwartungsgemäß nicht leicht, solche und vergleichbare Behauptungen
zu prüfen. Ich will das Ergebnis, zu dem ich bei der detaillierten Rekonstruktion
der 82. Folge aus der ersten Staffel von Big Brother gekommen bin, vorwegnehmen
- und es dann am Material explizieren:
Die behaupteten Tendenzen finden statt; aber zugleich arbeiten alle Beteiligten
- Zuschauer, Darsteller und das Fernsehmedium selbst - gegen diese Tendenzen
an und errichten neue Schranken und neue Grenzen. Dabei können spurenhaft
neue Formen von Selbstdarstellung und Selbstverhüllung und ebenso spurenhaft
neue Formen von Intervallbildung beobachtet werden, Formen, die sich einer
psychopathologischen Zuordnung entziehen.
3. Big Brother - erste Staffel, 83.
Tag
Das Fernseh-Produkt Big Brother gehört zum Format des
sogenannten reality-tv. In einem von der übrigen Außenwelt streng
abgeschirmten Wohnbereich, genannt Haus, leben zehn junge Menschen, genannt
Bewohner, unter ständiger Kamerabe-gleitung zusammen. Die Bewohner können
mit der Außenwelt nicht in Kontakt treten. Das Publikum jedoch kann
diese Bewoh-ner über zwei unterschiedliche Kanäle beobachten: erstens
über tägliche, etwa einstündige Zusammenschnitte aus deren
Tages- einschließlich Nachtablauf, zweitens live über Internet.
Im zweiten Fall wird das Publikum in die Lage eines passiven TV-Redakteurs
versetzt, der zwar nicht per Schnitt in die Gestaltung einer Sen-dung eingreifen,
aber doch alle gleichzeitig laufenden Monitore beobachten kann: das Geschehen
in der Küche, im kleinen Gemüsegarten, im Wohnzimmer und überall
da, wo sonst noch Kameras angebracht sind. Nach einem gemischten Abwahlsys-tem,
genannt Nominierung, scheidet periodisch ein Bewohner aus. Jeder Bewohner
nominiert nämlich alle 14 Tage in einem abgesonderten Raum, dem Sprechzimmer,
das er allein zu betreten hat, zwei auszuscheidende Personen. Und unter den
beiden Bewohnern, die die meisten Negativvoten erhalten haben, wählt
sodann das Publikum per TED, also über einen Telefondienst, der besonders
teuer ist und dem Sender zusätzliche Gewinne ein-spielt, einen Bewohner
aus, der das Haus zu verlassen hat. Falls ein Bewohner freiwillig das Haus
verläßt, wird er durch einen Nachrücker aus dem Pool der gecasteten
Kandidaten ersetzt. Das Spiel, um es gleich so zu nennen, endet nach 100 Tagen,
wenn nur noch zwei Bewohner übriggeblieben sind, von denen derje-nige,
der die meisten Publikumsstimmen auf sich vereint, das Preisgeld von 250 000
DM erhält.
Der erste Durchlauf war beim Publikum derart beliebt, daß einige Zeit
später ein zweiter Durchlauf und danach noch ein dritter gesendet wurde.
Es bildeten sich Fangemeinden, lebhafte Chats fanden statt, noch im Jahr 2002
verzeichnete die Google-Such-maschine 2 900 000 Einträge unter Big Brother
- und zum ersten und einzigen Mal in der Geschichte des Fernsehens kam es
zu dem Phänomen, daß die sogenannten vereinzelten und anonymen
Zuschauer ihre Vereinzelung und Anonymität spontan unterbra-chen und
in unorganisierten Haufen zum Zaun des Hauses in Köln-Hürth, dem
Ort des Geschehens, pilgerten, wo es außer dem Zaun absolut nichts zu
sehen gab.
Diese Pilgerfahrten wurden selbstverständlich umgehend vom Medium übernommen,
Busreisen wurden angeboten, der Devotionalienhandel eröffnet, Parties
organisiert ...
Noch vor der Beendigung des ersten Durchlaufs wurde ein ausgeschiedener Bewohner
namens Zlatko vom Publikum als Volksheld gefeiert und
erhielt von RTL, dem Sender der Serien, eine eigene Show. Diese Berühmtheit
währte erwartungsgemäß nur für einen Augenblick. In
Anlehnung an die Sprache des Sports und der Luftwaffe wurden diese Durchläufe
Staffeln genannt.
Die Ankündigung der ersten Staffel - sie lief vom 1. 3. bis 9. 6. 2000
- >>> . . .
ENDE
der Auszüge
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2009
Die Pornografisierung
der Gesellschaft,
Dank dem Zeitgeist, der Oberflächlichkeit-Generation,
zu Lasten der Kinder, zeigt erkennbare Veränderungen.
Politiker, Bundeszentrale
für gesundheitliche Aufklärungund
und Pädagogen
tauchen die 9
bis 10 jährigen Schulkinder, mit Porno Bildmaterial in den Sexualsumpf,
angeblich um sie zu schützen.
Der Tatbestand:
Die "unschuldigen" Förderer der Pornografisierung
sind die Schuldigen, die Erwachsenen Mitglieder dieser Gesellschaft,
die den Verfall, die soziale Entropie, seit Jahrzehnten negieren.
Die Opfer:
unsere Kinder - unser Zukunft.
A.H.Eilenberg
In
der jüngsten Zeit werden kulturell geschaffene Intimitätsschranken
und Schamgrenzen,
die Jahrhundertelang gültig waren und zum Kernbestand jeder Kultur
gehören, wieder aufgelöst.
© - Copyright:
Psychoanalyse: Leseprobe mit Foto und Buchumschlag, Klett-Cotta
Verlag.
Sämtliche Fotos, Text, Layout und Design
Kultur Fibel
Verlag GmbH, Berlin
und JBM-marketing,
PF 140315, D-40073 Düsseldorf
Operette
Vetter aus Dingsda - Operette
Die Lustige Witwe -
Operette Die Fledermaus - Musical
Rocky Horror Show
Musical
Ludwig II - Musical
Robin Hood - Musical
Sweeney Tood - Musical
Swan Lake - Musical
African footprint
Musical Tarzan
- Musical
In nomine patris - Musical
West Side Story - Musical
Dirty Dancing - Musical
Kiss me Kate
Musical
Tanguera, Tango-Argentino - Musical
My Fair Lady - Musical
Balé de Rua - Musiktheater
Friedrichstadtpalatz Berlin
Theater
Sextett
- Spanische
Fliege - Glücliche
Zeiten - Jude
von Malta
Oper-Ballett:
Oper
La Traviata
- Oper La Boheme
- Oper
Entführung aus dem Serail - Oper
Die Liebe zu den drei Orangen - Oper
Die Zauberflöte
Oper
Cosi fan tutte - Oper
Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny - Oper
Die Teufel von Loudun - Oper
Der Waffenschmied - Madame
Butterfly
Oper
Simon Boccanegra - Oper
Orelando paladino - Oper
Carmen - Oper
Armida - Oper
Der Spieler, Hrpok - Oper
Fidelio
Oper
Agrippina - Oper
Der Türke in Italien - Oper
Der Goldene Hahn - Ballett
Dornröschen - Ballett
Schneewittchen
Ballett
Tanzgeschichte - Ballett
Carmen Flamenco - Ballett
Der Nussknacker - Ballett
Martha Graham Company
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Interview Ruth Drexel - Interview
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